Dienstag, 15. Juli 2003


Als ich aufwache scheint die Sonne durch ein kleines Loch im Überzelt und projizierte einen strahlenden Fleck auf die Wand des Innenzelt. Schnell ist der Eingang geöffnet und... tatsächlich! strahlende Helle und blauer Himmel. Mehr Argumente sind nicht nötig. Wecker aus und raus. Es ist noch vor sechs Zum ersten Mal seit meinem Aufbruch sind die Berge zu sehen, die die Mitte meines Weges markieren. Vor dem Frühstück gehe ich zum Storifoss. Aber genau dort wallte noch der Nebel herum, steigt über die Kante empor und folgte mir auf dem Rückweg fast bis um Zelt. Trotzdem mache ich einige Bilder. Es ist ein herrlicher Tag. Ich wandere von 9-20 Uhr, fast die ganze Zeit ohne die untere Hälfte Hosenbeine, denn die sind naß und dreckig und baumeln zum Trocknen am Rucksack. Zuerst geht es am Fluß entlang, was wegen der Bulten und der Nässe gewohnt mühsam ist. Irgendwann sehe ich mit gerecktem Hals auf dem Höhenzug rechts von mir eine Varda. Wo Steine aufgeschichtet werden, ist häufig auch ein Weg. Diese Hoffnung wird zwar enttäuscht, aber dafür ist westlich davon im Tal eine Hütte mit Schuppen und Brennstofftank auszumachen. Vom Baustil her könnte es eine Wanderhütte sein, aber wahrscheinlich handelt es sich eher um ein Wochenendhaus.

Ich bleibe auf dem Höhenrücken, weil es sich hier besser gehen läßt als am Fluß. Die Gegend nimmt langsam in Hochlandcharakter an. Der Bewuchs weicht zurück, Sand und Steine treten zutage. Kurz nach Einmündung des Hvítahraunskvisl, eines schönen Baches, über den ich mich hinwegmogeln kann - kommt der Hauptfluß von links aus den Hügeln, fällt in seiner gesamten Breite über eine Stufe und fächert sich in mehrere Arme, die dann in ein rechtwinklig dazu verlaufendes Flußbett münden. Wenn ich ihn queren müßte, dann hier. Muß ich aber nicht.

Nachdem ich sehr gut auf dem Höhenrücken vorangekommen bin und mich am Hang des Heljadalsfjöll gehalten habe, wird mir klar, daß ich es queren muß, um nicht den viel längeren Außenbogen zu gehen. Gleich zu Beginn schnalle ich die Sandalen an, da das ganze Tal nach Sumpfwiese aussieht. In der Mitte mäandert der Þröng. Er fließt träge und läßt sich reichlich Zeit, das Land zu durchweichen. Entsprechend sumpfig ist der Weg zu ihm, durch Tümpel und schlürfende Moospolster. Mir wird ziemlich mulmig. Der Fluß selbst ist ruhig aber tief. Ich überquere ihn diagonal vom diesseitigen zum gegenüberliegenden Gleithang. So ist die Furt nur knietief, aber länger. Was jedoch nichts ausmacht, denn es ist wirklich erfrischend! Die andere Seite des Tals ist trocken. Später im Quellgebiet sind noch zwei Bäche zu furten, die die Karte verschweigt. Dafür sind die Bäche auf der Karte (Lindir) trocken.

Auf dem Weg zum Paß sind in einem sandigen Wüstenabschnitt deutliche Pferdespuren zu erkennen, die in ihn hineinführen. Fiepend rennen verschreckte Gänsekücken aus dem ausgetrocketen Bachbett die gegenüberliegende Böschung empor. Ich ersteige einen Hang, weil der Bach weiter oben unpassierbar aussieht. Bin dann aber zu hoch und die Hänge sind zu steil für einen gefahrlosen Abstieg. Also gehe ich wieder zurück und muß feststellen, daß der Bachlauf doch kein Problem darstellt. Ich habe mich getäuscht. Was von Weitem wie die Stufe eines Wasserfalls aussah, ist die gegenüberliegende Uferwand in einer Biegung.

Über die "Uferpromenade" ist der Anstieg relativ leicht. An der höchsten Stelle weitet sich das Tal und der pyramidenförmige Einbúi erhebt sich im Abendlicht vor der dunklen Bewölkung. Das Bett des Schmelzwasserflusses, das auf der anderen Seite vom Paß hinabführt, ist nicht auf meiner Karte verzeichnet, stark verblockt und ohne Randstreifen. Es mündet in eine weite Ebene mit Bergen in der Ferne. Ich gehe noch bis zum nächsten kleinen Wasserlauf und beschließe, den Anstieg zum Haugsvatn auf Morgen zu verschieben (was sich als gut erweist). Damit ist aber auch die Entscheidung für die Fortsetzung der Tour gefallen. Ich kann nicht, wie ursprünglich geplant, geradeaus weiter durch die Wüste gehen, bis ich auf Stelle treffe, wo sich die neue Ringstraße von der alten trennt. Bis übermorgen früh würde ich das nicht schaffen. Also folge ich morgen der Telefonleitung nach Grimstaðir. Und selbst das ist noch ein weiter Weg. Genug für heute!

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